Schulisches Profil der erzbischöflichen Schulen Vinzenz von Paul (Realschule und Fachoberschule)

Die religiöse Bildung und Erziehung stellt einen wichtigen und unverzichtbaren Baustein unseres Schulprofils dar. Unser Vorbild ist der heilige Vinzenz von Paul, der 1581 im heutigen St-Vincent-de-Paul in der Gascogne geboren wurde und 1660 in Paris starb.

Wer ist dieser Mann? Nachdem ein schweres Schicksal ihn in die Fremde und sogar in die Sklaverei verschlagen hatte, kehrte er nach Paris zurück und gründete dort Waisenhäuser, denn allein in Paris wurden wegen der allgemeinen Armut und Not jährlich mehr als 400 Kinder ausgesetzt. Auch für Kranke und Kriegsopfer setzte sich Vinzenz von Paul unermüdlich ein. Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern, nach ihrem Gründer auch Vinzentinerinnen genannt, ist heute die größte Frauengemeinschaft der katholischen Kirche (https://www.heiligenlexikon.de). Sie gestalteten Kloster Indersdorf zu einem Ort tätiger Nächstenliebe, vor allem in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als sie sich in ihren Räumen um kriegstraumatisierte Kinder und Jugendliche, meist Opfer der Konzentrationslager, kümmerten und sie versorgten, bis sie in ihre neuen Heimatländer ziehen konnten. Auch wenn die Barmherzigen Schwestern nicht mehr unmittelbar aktiv an unserer Schule wirken, so folgen wir doch ihren Spuren.  Es ist uns dabei immens wichtig, dass die religiöse Dimension das schulische Leben und unterrichtliche Handeln durchdringt . Die historische und spirituelle Entwicklung unserer Schule erschließt sich den Schülerinnen, Schülern,  Lehrkräften und Eltern nicht nur durch die Einzigartigkeit dieses Lernortes, sondern muss täglich gelebt werden.   


Ausgehend vom Lebenswerk und Leitspruch des heiligen Vinzenz von Paul: „Liebe im Herzen und auf der Zunge – das genügt nicht. Sie muss in Taten übergehen!“ erarbeiteten wir im Zuge der Schulentwicklung vier Leitsätze, die uns als Richtschnur im Schulleben dienen:

 

1. An unserer Schule soll das Leben Freude machen.

Die Schule bereitet nicht nur auf das Leben vor, sondern Schule ist Leben. Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Lehrerinnen verbringen einen bedeutenden Teil ihrer Zeit in der Schule und diese Zeit soll freudig erlebt werden, soll gewinnbringend und bereichernd sein. In der Begegnung mit den Klassenkameradinnen und Klassenkameraden, im freundlichen Umgang miteinander, in der Auseinandersetzung mit dem Stoff, beim Lernen und Wachsen, im Unterricht, bei allen außerunterrichtlichen Aktivitäten oder in den Pausen sollen die Schüler und Schülerinnen, aber auch die Unterrichtenden, stets erfahren: Es ist gut und wertvoll, was wir hier machen, und das freut uns!

So kann die Frohe Botschaft, die uns das „Leben in Fülle“ verheißt, lebendig werden – nicht nur im Gebet und im Gottesdienst, sondern in jeder Situation und in jedem Moment unseres Alltags.

 

2. Wir helfen einander, sind offen füreinander und arbeiten miteinander.

Liebe, die in Taten übergeht – das ist der Kern des Vinzenz-Satzes, der unser Schulleitbild bestimmt. Aktiv werden, tätig werden, den anderen wahrnehmen und respektieren, seine Situation verstehen, ihn unterstützen, aber auch Hilfe annehmen können, das sind Voraussetzungen für das Gelingen unserer Arbeit. Es soll kein Gegensatz bestehen zwischen Schülerinnen, Schülern, Lehrkräften und Eltern, sondern uns verbindet das große gemeinsame Interesse: dass es den Kindern und Jugendlichen gut gehe. Dass sie in ihrer Schule nicht nur lernen, sondern Sicherheit, Gemeinschaft, Wohlwollen und Hilfe erfahren. Dass sie heranwachsen und sich selbstbestimmt und wirksam entfalten können.

Diese Zusammenarbeit und Hilfe finden – auf den ersten Blick oft kaum zu bemerken – an vielen Orten statt, im Schulforum, in der SMV, beim Elternbeirat, bei den Tutoren oder den Schulsanitätern, aber auch in den Sportmannschaften oder im Orchester, wo jeder Einzelne einen kleinen, aber unverzichtbaren Teil zum Ganzen beiträgt.

 

3. Wir achten uns in unserer Unterschiedlichkeit.

Jeden Tag treffen über 900 Schüler und Schülerinnen, über 60 Lehrer und Lehrerinnen in der Schule zusammen. Als wesentlicher Teil der Schulfamilie treten auch noch die Eltern und Erziehungsberechtigten hinzu. Jeder bringt eine eigene Persönlichkeit, eigene Erfahrungen, individuelle Talente, Stärken, aber auch Probleme in diese große Gemeinschaft ein. Es gibt Jungen und Mädchen, es gibt Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene, es gibt Lernende und Lehrende, es gibt verschiedene Konfessionen, aber auch bekenntnislose Jugendliche, die Platz finden an unserer katholischen Schule.

Diese Unterschiedlichkeit schafft Spannungen. Unser Ziel ist, diese abzubauen – durch Achtung und Respekt, durch wertschätzenden Umgang, durch offene Kommunikation, durch Toleranz, durch Nachsicht und Rücksichtnahme, auch durch aktive Hilfe, beispielsweise in der Vinzenz-Stunde, der Schulseelsorge, in der schulpsychologischen Beratung oder der Streitschlichtung.

Aber diese Unterschiedlichkeit birgt auch Chancen: Offen und neugierig für das Fremde, das Andere werden wir reicher, lernen hinzu, können wir uns in Frage stellen, uns weiterentwickeln und uns  unserer selbst versichern.

 

4. Wir entwickeln uns stetig weiter, damit unser Leben in Kirche und Gesellschaft gelingt.

Jedes Jahr verlässt uns ein Sechstel der Schülerinnen und Schüler, jedes Jahr kommen ebenso viele neue. Nach sechs Jahren hat die Schülerschaft komplett gewechselt. Jede dieser Schülergenerationen bringt spezielle Erfahrungen und Bedürfnisse mit und will auf gewandelte Anforderungen und Aufgaben vorbereitet werden. Deswegen muss Schule sich ständig anpassen und neu orientieren, ohne dabei aber kurzatmig aktuellen Trends und Modeerscheinungen zu folgen. Gemeinsam begegnen Schüler, Eltern, Lehrkräfte und die Schulleitung verschiedensten gesellschaftlichen Veränderungen. Wir greifen diese im Schulalltag im Unterricht, in Gottesdiensten, in Exkursionen, Projekten und Gesprächen auf. Möglichkeiten und Chancen, die sich dadurch bieten, werden dabei thematisiert, aber auch Ängste und Unsicherheiten angesprochen.

Damit das Leben gelingt, brauchen wir Wissen und Kenntnisse, und zwar nicht nur im Hinblick auf das Berufsleben, sondern in möglichst vielen Bereichen, so dass wir die Welt in all ihrem  Reichtum erfassen können. Damit unser Leben gelingt, muss jeder Einzelne lernen, Verantwortung zu übernehmen – für sich, für andere, im Beruf, in der Familie, gegenüber der Allgemeinheit, gegenüber der Schöpfung. Damit unser Leben gelingt, benötigen wir Werte und Orientierung – diese kann uns unser christlicher Glaube geben.

Deswegen bemühen wir uns, auch das kirchliche Leben in seiner Buntheit und Vielfalt zu vermitteln: Unser Morgengebete eröffnet den Schultag. Zu wichtigen Stationen im Schuljahr, im Kirchenjahr oder in der Schullaufbahn finden von der Schulgemeinschaft gestaltete ökumenische Wortgottesandachten und katholische Eucharistiefeiern statt. Im Laufe eines Schuljahres gibt es  Beichtgelegenheit, Wallfahrten und Bittgänge. Intensiver Religionsunterricht und Exkursionen prägen die religiöse Erziehung innerhalb des Fächerkanons. Unsere Hauskapelle und der Meditationsraum stehen als Orte des Gebets und der Besinnung offen. So erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass Religion und Glaube nicht auf den Gottesdienst an Sonn- und Festtagen des Kirchenjahres beschränkt sind, sondern den Alltag durchdringen und unser Leben prägen. Dadurch können wir die Sicherheit gewinnen, nach christlichen Maßstäben zu handeln.